Gleichmacher Tod
Warum sich sorgen…
Yang Dschu sprach:
»Verschieden sind die Wesen voneinander während des Lebens; im Tode
sind sie gleich. Im Leben gibt es Weise und Narren, Vornehme und
Geringe und dadurch Unterschiede; mit dem Tode kommt Verwesung,
Fäulnis, Auflösung, Vernichtung und dadurch Gleichheit. Und
trotzdem steht Weisheit oder Narrheit, Vornehmheit oder Niedrigkeit
nicht in der Menschen Macht; Verwesung und Fäulnis, Auflösung und
Vernichtung steht ebensowenig in ihrer Macht.
Darum, die da leben,
leben nicht aus sich selber; und die sterben, sterben nicht aus sich
selber; die Weisen sind nicht weise aus sich selber; und die Narren
sind nicht Narren aus sich selber; die Vornehmen sind nicht vornehm
aus sich selber; und die Niedrigen sind nicht niedrig aus sich
selber. Vielmehr ist es die Gesamtheit aller Wesen, die gleichzeitig
lebt und gleichzeitig stirbt, gleichzeitig weise ist und gleichzeitig
närrisch, gleichzeitig vornehm und gleichzeitig niedrig.
Einer stirbt mit zehn Jahren, ein anderer stirbt mit hundert Jahren. Vollkommene Heilige sterben, ebenso wie bösartige Narren sterben. Im Leben waren es Patriarchen (Yau und Schun); im Tode sind es Moderge- beine. Im Leben waren es Scheusale (Giä und Dschou); im Tode sind es Modergebeine. Als Modergebeine sind sie eins; wer erkennt noch ihre Verschiedenheit? Darum laßt uns des Lebens Gegenwart ergreifen! Wozu sich sorgen um das, was nach dem Tode kommt!«
[Chinesische Philosophie: Liä Dsi – Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Asiatische Philosophie – Indien und China,]