Unzeitgemäße Betrachtungen
Die vergnügten Philosophieprofessoren.
” Fast ist es ihm, als ob er die Symptome einer völligen Ausrottung und
Entwurzelung der Kultur wahrnähme, wenn er an die
allgemeine Hast und zunehmende Fallgeschwindig-
keit, an das Aufhören aller Beschaulichkeit und Sim-
plizität denkt. Die Gewässer der Religion fluten ab
und lassen Sümpfe oder Weiher zurück; die Nationen
trennen sich wieder auf das Feindseligste und begeh-
ren sich zu zerfleischen. Die Wissenschaften, ohne
jedes Maß und im blindesten laisser faire betrieben,
zersplittern und lösen alles Festgeglaubte auf; die ge-
bildeten Stände und Staaten werden von einer großar-
tig verächtlichen Geldwirtschaft fortgerissen.”
(F. Nietzsche)
Wie zutreffend auch für heutige irre Zeiten.
Auf die Bäume ihr Affen Absurdistan Germanistan wird ausgekehrt / ausgeräumt
Niemals
war die Welt mehr Welt, nie ärmer an Liebe und
Güte. Die gelehrten Stände sind nicht mehr Leuchttür-
me oder Asyle, inmitten aller dieser Unruhe der Ver-
weltlichung; sie selbst werden täglich unruhiger, ge-
danken- und liebeloser. Alles dient der kommenden
Barbarei, die jetzige Kunst und Wissenschaft mit ein-
begriffen. Der Gebildete ist zum größten Feinde der
Bildung abgeartet, denn er will die allgemeine Krank-
heit weglügen und ist den Ärzten hinderlich. Sie wer-
den erbittert, diese abkräftigen armen Schelme, wenn
man von ihrer Schwäche spricht und ihrem schädli-
chen Lügengeiste widerstrebt. Sie möchten gar zu
gerne glauben machen, daß sie allen Jahrhunderten
den Preis abgelaufen hätten, und sie bewegen sich mit
(F. Nietzsche)
EselInnen und Eseleien wohin man schaut
Daß die einzelnen sich so gebärden,
als ob sie von allen diesen Besorgnissen nichts wü-
ßten, macht uns nicht irre: ihre Unruhe zeigt es, wie
gut sie davon wissen; sie denken mit einer Hast und
Ausschließlichkeit an sich, wie noch nie Menschen an
sich gedacht haben, sie bauen und pflanzen für ihren
Tag, und die Jagd nach Glück wird nie größer sein,
als wenn es zwischen heute und morgen erhascht wer-
den muß: weil übermorgen vielleicht überhaupt alle
Jagdzeit zu Ende ist. Wir leben die Periode der
Atome, des atomistischen Chaos. Die feindseligen
Kräfte wurden im Mittelalter durch die Kirche unge-
fähr zusammengehalten und durch den starken Druck,
welchen sie ausübte, einigermaßen einander assimi-
liert. Als das Band zerreißt, der Druck nachläßt, em-
pört sich eines wider das andere.
[Quelle: Unzeitgemäße Betrachtungen, F. Nitzsche]
Gegen das hochmütige , moderne Weltverhältnis neuzeitlich-cartesischer Art wird die Bestimmtheit durch das Sein hervorgehoben. Schon der junge Heidegger wollte “den zersetzenden Einflüssen des Modernismus”, der “grundstürzenden Neuerungswut”, der Oberflächlichkeit und dem “schrankenlosen Autonomismus entgegenwirken”, dem “trügerischen Schein des modernen Geistes”; die durch Oscar Wilde, Verlaine und Nietzsche repräsentierte “Dekadenz des Individualismus und des Zigeunerlebens” der Modernität sollte durch das Credo “wahrer und tiefer Entselbstung” ersetzt werden, so Heidegger schon 1910.
(zitiert nach: Genius loci von Klaus Vieweg – 2014 – S.112)